Die Willi stand Kopf

14.11.2018 – MG

Begeisterungsstürme für das neue Stück der Nidder-Bühne

Selten so gelacht. Völlig außer Rand und Band war das Publikum bei Premiere des Stücks „Neurosige Zeiten“ von Winnie Abel in einer Aufführung der Nidder-Bühne. Schon lange vor Einlassbeginn hatten sich langen Schlangen vor der Willi-Salzmann-Halle gebildet, um sich die besten Plätze zu sichern. Und die Besucher wurden nicht enttäuscht. Die Amateurgruppe um Evi Diegel brannte ein Feuerwerk an Spielfreude und Situationskomik ab in einem Stück, das von der Autorin Winnie Abel ideenreich geschrieben und von der Nidder-Bühne perfekt umgesetzt und auf die Bühne gebracht wurde.

Schauplatz ist eine Irrenanstalt, in die Agnes, die sexsüchtige Tochter der hochnoblen Hoteldynastie Adolon aus Berlin, zwangseingewiesen wurde, weil sie ihrem Chef gegenüber übergriffig geworden war. Alexandra Schneider brillierte herrlich frivol als die ständig auf Männerfang bedachte Agnes, die in einer offenen Wohngruppe der Psychiatrie mit Mitbewohnern zusammenlebt, die alle ihre Eigenarten haben. Da ist zum einen der zwanghafte Hans, der mit seinem Putz- und Kontrolltick immer für Ordnung und Sauberkeit sorgt, treffend in Mimik, Gestik und Verhalten dargestellt von Werner Mieth. Gertrud Nowak spielt überzeugend die menschenscheue und unsichere Walli, die selbst kleinste Entscheidungen überfordern. Strahlend und glückselig in ihrer manischen Phase gibt Birgit Pischel die erfolgreiche Malerin Desiree Doldas. Die 5. im Bunde ist Nicki Klarr mit hinreißender Schwärmerei und Naivität für ihre große Liebe, den Volksmusikstar Hardi Hammer, den Andy Henschel charmant als Traummann seiner Stalkerin mimt.

In dieser scheinbaren Idylle unglaublich sympathischer und skurriler Bewohner bricht unvermittelt Chaos aus, als sich plötzlicher Besuch ankündigt. Agnes Mutter, die nichts von der Sexsucht ihrer Tochter ahnt, ist im Anmarsch und soll in ihrem Glauben bleiben, die Tochter residiere in einer chicen Villa. Christel Reitmeir-Goeddel spielt mit einem Hauch von Snobismus die elegante Dame von Welt. Als dann noch unverhofft eine Tupper-Tante, köstlich hysterisch dargestellt von Dagmar Waag, auftaucht, läuft alles aus dem Ruder. Ein wahnwitziges Verwechslungsspiel beginnt und alle Mitbewohner starten eine Vertuschungsaktion, die zu den komischsten Verwicklungen führt. Von den Heimlichtuereien darf keiner etwas erfahren, weder der von Wolfgang Platano herrlich beschränkt, albern und immer fröhlich aufgedreht gespielte Beschäftigungstherapeut Rolf und schon gar nicht die Klinikleiterin Frau Dr. Dr. Schanz, die Teresa Maisto vom Schemm ehrgeizig, streng und unnachgiebig interpretiert. Mitten in das Chaos platzt dann noch Kult-Star Hardi Hammer, der selbst ein Geheimnis verbirgt und als Mutprobe im Auftrag der Schlager Bild-Zeitung eine Nacht bei seiner Stalkerin Marianne verbringen soll. Begleitet wird er von der schmierigen Reporterin Fritzi, gespielt von Marina Griepentrog.

Das mit Situationskomik gespickte turbulente Stück wurde mit tempo- und einfallsreichen Szenen gekonnt inszeniert von Evi Diegel, gleichzeitig auch Gründungsmitglied und 1. Vorsitzende der Nidder-Bühne.

Im der ausverkauften Willi-Salzmann-Halle gab es immer wieder Unterbrecher vom sich königlich amüsierenden und herzhaft lachenden Publikum und am Ende reichlich Applaus für die gekonnte Aufführung, zu der auch Prominenz aus Politik, Kultur und Theater gekommen war.

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