Denkmalpflege schafft Heimat

31.08.2018 – MG                     HIER mehr Fotos

Hessischer Denkmalschutzpreis für Roswitha Bruggaier und Diez Eichler aus Windecken

Es war einmal ein altes Fachwerkhaus – so beginnen im allgemeinen die Märchen und irgendwie ist es auch ein Märchen, die Geschichte vom alten Pfarrhaus in Nidderau Windecken, das durch seine neuen Eigentümer Roswitha Bruggaier und Diez Eichler nicht nur aus dem Dornröschenschlaf erweckt, sondern durch umfangreiche Sanierungsarbeiten in den Jahren 2014 – 2017 zu alter Schönheit nach denkmalpflegerischen Vorgaben erblühte und mit neuem Leben erfüllt wurde. So wundert es nicht, dass die beiden für ihre einfühlsame Sanierung und Wiederherstellung des ehemaligen Pfarrhauses mit dem Hessischen Denkmalschutzpreis 2018 ausgezeichnet wurden.

Es hatte etwas von Klassenfahrt – „hat jemand Kartoffelsalat und Leberwurstbrote dabei??“ -, als sich die fröhliche Runde um Roswitha Bruggaier und Diez Eichler gefahren von Stadtrat Rainer Vogel mit seiner Frau Silke im städtischen Kleinbus gemeinsam mit dem Historiker Erhard Bus, dem Fachwerkexperten Martin Meier und den Fotografen Marina und Wolfgang Griepentrog auf den Weg zur Preisverleihung nach Wiesbaden machte, wo in der Rotunde des Biebricher Schlosses die Ehrung stattfand.

Für einen stimmungsvollen Auftakt sorgten die Limburger Domknaben unter der Leitung von Andreas Bollendorf mit dem Lied „Kein schöner Land“. Im Anschluss ergriff Kunst- und Kulturminister Boris Rhein das Wort. In der voll besetzten Rotunde konnte er eine Vielzahl von Politikern, Mitgliedern der Jury und natürlich die unzähligen Privatpersonen und Organisationen begrüßen, die zu ehren waren und die alle diese eine Leidenschaft teilen, durch besonderes Engagement, mit individuellen Lösungen und handwerklich hoher Qualität alte Denkmäler zu restaurieren und zu erforschen.

„Wer glaubt, Denkmalpflege sei irrational und sentimental und habe vor allem mit der Vergangenheit und ihren Lasten zu tun, der irrt gründlich“, betonte Rhein. „Das Gegenteil ist richtig: Denkmalpflege ist eine Investition in die Zukunft!“ Heimat sollte nicht als Abgrenzung verstanden werden, sondern als etwas, das uns im Inneren verbindet und mehr ist als nur Restaurieren, sondern ein lebendiges Verhältnis zu dem, was wir haben als eine Ordnung zwischen Vergangenheit und Zukunft. So werden heranwachsende Generationen vertraut gemacht mit der Geschichte. Offen und vorurteilsfrei ist, wer seine Vergangenheit kennt.

Der Hessische Denkmalschutzpreis ist mit 27.500 Euro dotiert, 20.000 Euro stiftet die Lotto Hessen GmbH, 7.500 Euro stellt die Hessische Staatskanzlei.

Es war ein großer Moment für Roswitha Bruggaier und Diez Eichler, als sie nach vorne gerufen und von Boris Rhein mit dem 2. Preis, der mit 7.000 Euro dotiert war, ausgezeichnet wurden. In seiner Laudatio hob Heinz Wionski, Leiter für Bau- und Kunstdenkmalpflege, hervor, wie unvoreingenommen sich die beiden den Herausforderungen im Umgang mit dem historischen Gebäude gestellt hatten und notwendige Entscheidungen so lange bedachten, bis sie sich quasi von selbst ergaben. Jeder Gegenstand wurde unabhängig von der Entstehungszeit auf seine handwerkliche Qualität überprüft, im Einzelfall wieder gangbar gemacht oder auch nur gereinigt. Dabei ergab sich auch ein hoher Anteil anspruchsvoller handwerklicher Eigenleistungen durch die Bauherren. Aufgrund von Archivrecherchen wurde das alte Pfarrhaus authentisch neu belebt. Da beide Eigentümer Musiker sind und spezialisiert auf historische Musik, verdient auch das Musikzimmer besondere Beachtung. Dort werden Hauskonzerte abgehalten, wobei das Haus partiell auch für die Öffentlichkeit geöffnet wird.

Den Abschluss der Preisverleihung übernahmen noch einmal die Limburger Domknaben mit dem Lied „Sur le Pont d’Avignon“, bevor nach dem obligatorischen Gruppenfoto aller Preisträger bei Sekt und Häppchen noch ausgiebig gefachsimpelt wurde. Noch lange verweilten Roswitha Bruggaier und Diez Eichler im Gespräch mit anderen Preisträgern, tauschten sich aus, knüpften neue Kontakte und genossen mit Freude und Dankbarkeit die Ihnen verdientermaßen zuteil gewordene Ehrung.

Ein Buch über die Geschichte des Pfarrhauses, seine Bewohner von 1717 – 1968 und dessen Sanierung von 2014 – 2018 geschrieben von Diez Eichler, Erhard Bus und Ruth Ambrosch wurde bei einer offiziellen Buchvorstellung in der Stiftskirche in Windecken präsentiert.

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