Ein Haus, das Geschichte ausstrahlt

23.05.2018 – MG                    HIER mehr Fotos

Im Geiste des Denkmalschutzes sind in den vergangenen Jahren viele alte Gebäude in Hessen originalgetreu und aufwändig saniert worden. Als Anerkennung für Geleistetes verleiht das Landesamt für Denkmalpflege Hessen den Hessischen Denkmalschutzpreis 2018.

Unter den 10 Besten und Preisanwärtern ist auch das ehemalige evangelische Pfarrhaus in Nidderau Windecken. Roswitha Bruggaier und Diez Eichler haben seit dem Hauskauf vor 4 Jahren schier Unglaubliches geleistet und aus dem heruntergekommenen Gebäude ein Schmuckstück gemacht. Ihre ganz persönliche Einstellung und begeisternde Liebe zum Haus und dessen Geschichte mit ihren früheren Bewohnern und das ursprüngliche Aussehen im Einklang mit einem ganz normalen Wohnhaus gebracht zu haben, lässt sie aus der Liste der Bewerber hervorstechen.

In einer 2-tägigen Rundreise zu den 10 ausgewählten Objekten machte eine 17 Personen starke Kommission unter Leitung des Jury-Vorsitzenden Dr. Markus Harzenetter eine 30minütige Kurzbesichtigung im ehemaligen Pfarrhaus. Empfangen wurde die Jury vom Ehepaar Eichler/Bruggaier auf der Nidder-Brücke, wo die besondere Lage des Hauses als Dreiklang mit der ehemaligen Mädchenschule und der Stiftskirche sichtbar ist. Auch der Windecker Architekt Martin Meier, der an der Sanierung beteiligt war, und Claus Bergmann von der Unteren Denkmalschutzbehörde waren anwesend.

In einer Mischung aus historischen Gegebenheiten, die detailgetreu in ihrem Ursprung wiederhergestellt wurden, und persönlichen Gefühlen erläuterte Diez Eichler den aufmerksam lauschenden Zuhörern seinen Umgang mit dem außergewöhnlichen Objekt. Auch dem religiösen Zusammenhang spürte er nach, wenn er über sein Gefühl berichtete, dass dieses Haus, das so viel Geschichte ausstrahlt, die Frömmigkeit geradezu aufgesogen hat. Ihm und seiner Frau merkte man an, dass sie selbst im Bann des alten Pfarrhauses stehen und sie es als persönliche Aufgabe empfinden, mit geschulter Intuition zu ergründen, was das Haus selbst will, dem Objekt Platz zu geben, zu öffnen, Räume und Fenster freizulegen und den reformierten Geist heraus zu kitzeln – gradlinig und streng.

Die Eichentreppe im Vestibül, die originalen Dielen in fast allen Räumen, die Barocktüren oder die Sandsteinfliesen von 1852 in der Küche, ganz zu schweigen von der Außenfassade und ebenso die Fenster aus gutem Eichenholz, die seinerzeit 7,5 Gulden gekostet haben, wie das erhaltene Dokument belegt, – alles wurde detailreich wiederhergestellt.

Auch die Zimmeranordnung ähnelt in ihrer Verwendung der Nutzung in früheren Zeiten. Links waren damals die Amtszimmer und rechts die privaten Räume. Heute ist es ebenso, denn Diez Eichler und Roswitha Bruggaier haben sich als Dozenten in Dr. Hochs Konservatorium Frankfurt dem Fachbereich Alte Musik verschrieben und die ehemaligen Amtsräume als Musikzimmer mit alten Instrumenten gestaltet.

Der Blick nach draußen von der Freitreppe zieht alle in ihren Bann, denn auch ein großer, verwunschener Garten gehört zum Haus. Und der Hausherr merkte an:“ Ein Pfarrgarten ist immer ein Abbild des Paradiesgartens!“

Trotz allem ist dieses Haus kein Museum, sondern ein normales Wohnhaus, in dem Gäste gern gesehen werden und sich wohlfühlen.

Viele Generationen haben im alten Pfarrhaus gelebt, eine bunte Mischung aus den Zeiten, wobei auch Zahlen eine Rolle spielen. 1717 wurde das Haus gebaut, 17 Pfarrer haben hier gelebt, 17 Stufen führen ins Obergeschoss und 17 Kommissionsmitglieder waren zur Besichtigung gekommen. Wenn das kein gutes Omen war…

Und das Daumen drücken hat geholfen. Am 01. Juni erhielt das Ehepaar Eichler/Bruggaier die Nachricht, dass die Jury für den Hessischen Denkmalschutzpreis 2018 sich bei ihrer abschließenden Jurysitzung am Abend des 24. Mai 2018 mit großer Mehrheit für die Auszeichnung des Pfarrhauses mit dem Hessischen Denkmalschutzpreis ausgesprochen hat.

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