4 Hände, 4 Füße, 4 Kirchen

05.11.2016 – MG                            HIER mehr Fotos

orgelnacht_012Orgelnacht in Nidderau

Ein Highlight ganz besonderer Art hatte der Kulturbeirat der Stadt Nidderau für alle Liebhaber der Orgelmusik organisiert. Im Zuge einer Rundfahrt durch 4 Stadtteile erlebten die Besucher in 4 Kirchen Orgelkonzerte der Extraklasse. Aber nicht nur die Zuhörer waren unterwegs – auch die beiden Organisten Krystian Skoczowski und Andreas Jetter zogen von Kirche zu Kirche, wo sie gemeinsam mit 4 Händen und 4 Füßen Werke von Haydn, Mozart, Bach und anderen zu Gehör brachten.

Riesengroß war das Interesse an dieser Veranstaltung, so dass ein normaler Bus für die Beförderung nicht ausreichte. Nur alle 3 Jahre findet eine solche Orgelnacht statt, denn gute Dinge sollte man rar gestalten, betonte Jürgen Reuling als 1. Vorsitzender des Kulturbeirats, der dieses besondere Konzert zusammen mit Leonore Kleff geplant und vorbereitet hatte.

Als Künstler hatte man hierfür Krystian Skoczowski und Andreas Jetter gewonnen. Die beiden hatten sich 1995 bei einem Wettbewerb in Danzig kennengelernt. Seitdem verbindet sie eine lange Freundschaft. Bislang hatten sie nur einmal anlässlich eines Osterspaziergangs an einem Tag in 2 verschiedenen Kirchen gespielt. Insoweit war die Nidderauer Orgelnacht mit 4 verschiedenen Kirchen auch für sie eine Premiere.

Andreas Jetter kam extra aus Radolfzell am Bodensee angereist, wo er seit 2013 Münsterkantor ist. Der aus Albstadt-Ebingen stammende Organist hatte schon in der Schulzeit seine Begeisterung für Kirchenmusik entdeckt und studierte u.a. in Moskau, Esslingen und Tübingen, bevor er nach zahlreichen Konzert-Tourneen Dommusikdirektor an der Kathedrale im schweizerischen Chur wurde.

Der aus Hanau stammende Krystian Skoczowski lernte zunächst Violine, bevor er seine Leidenschaft der Orgel widmete. Nach einem Studium an Dr. Hoch’s Konservatorium in Frankfurt am Main, in Freiburg im Breisgau und in Frankfurt an der Oder legte er, mittlerweile als Orgelsachverständiger, seinen Fokus zum einen auf die Orgel-Denkmalpflege und im künstlerischen Bereich auf den Gregorianischen Choral.
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Die musikalische Rundreise begann in der evangelischen Kirche in Erbstadt. Leonore Kleff und Jürgen Reuling hatten für diesen Abend eine Musikauswahl zusammengestellt, die ganz speziell auf die Eigenheiten der verschiedenen Orgeln zugeschnitten war. Die besonders für alte Musik prädestinierte Barock-Orgel war dann auch wie geschaffen für die „Toccata quinta in C“ von Georg Muffat, gespielt von Krystian Skoczowski. Wie bei Haydn so üblich musizierten im Anschluss „Lehrer“ und „Schüler“ beim Divertimento „Il maestro e lo scolare“ Hob. Xlla:1 gemeinsam und es war faszinierend, wie hinreißend die beiden Organisten dies interpretierten.  Nach der schwungvoll und virtuos gespielten „Sinfonia per le feste“ von Giovanni Morandi durch Andreas Jetter hieß es dann auch schon aufzubrechen zum nächsten Ort.

orgelnacht_011orgelnacht_018Die Ratzmann-Orgel im klassizistischen Baustil aus dem Jahre 1847 in Eichen wurde 2005 renoviert, wobei Altes erhalten und mit Neuem versehen und somit ein besonders schönes Ambiente geschaffen wurde. Die Zuhörer erfreuten sich an „Variationen G-Dur“ zu 4 Händen von Wolfgang Amadeus Mozart, ursprünglich für Klavier geschrieben und mit Spieluhr-Charakter und der „Sonate d-moll für Orgel“ von Gustav Merkle, hierbei das Adagio nach dem Psalm 23 „Der Herr ist mein Hirte“ und dem dramatisch und kraftvollen 2. Satz Allegro moderato, großartig interpretiert von den beiden Organisten.

Nach einem kleinen Imbiss im Gemeindehaus der katholischen Kirche Maria von der immerwährenden Hilfe Windecken erklang wenig später auf der dortigen Klais-Orgel die „Sinfonia“ aus der „Ratswahlkantate“ BWV 29 von Johann Sebastian Bach, des Weiteren die Komposition „Drei Blumen“ und die Ouvertüre zu „Die Zauberflöte“. Höhepunkt und Abschluss des begeisternden Konzertabends bildete Johann Sebastian Bachs „Brandenburgisches Konzert Nr. 2, F-Dur“ und Richard Wagners „Polonaise D-Dur“ in der katholischen Kirche in Heldenbergen.

„In erster Linie ist es interessant und abwechslungsreich“, meinte Andreas Jetter auf die Frage, ob es schwierig sei, sich so schnell auf verschiedene Instrumente ein- und umzustellen. Daß dies den beiden bravourös spielenden, hochkarätigen Organisten gelungen war – darin waren sich alle Konzertbesucher einig.

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