Montmartre als Erfolgsgarant

06.02.2014 – MG

Die Schirn präsentiert die Bohème in Paris um 1900                              HIER mehr Fotos

Esprit_Montmartre_003Schirn-Direktor Max Hollein hat ein Händchen für Ausstellungen, die die Massen anlocken. Die aktuelle Ausstellung „Esprit Montmartre, die Bohème in Paris um 1900“ wird mit Gewissheit wieder ein Publikumsmagnet.

Dabei hat er sich und respektive die Kuratorin Frau Ingrid Pfeiffer durchaus im Vorfeld die Frage gestellt, warum noch einmal eine solche Ausstellung? Bilder aus dieser Zeit hat man schon tausendfach gesehen. Maler wie van Gogh, Picasso, Degas, Toulouse-Lautrec und viele mehr sind schon in zahlreichen Einzelausstellungen zu sehen gewesen und in den großen Museen der Welt präsent. Doch wenn man tiefer einsteigt in diese Zeit betrachtend aus dem gesellschaftlichen und sozialpolitischen Umfeld, dann ändert sich der Blick dramatisch.

Die sehr komplexe Ausstellung mit vielen Leihgaben auch aus Privatsammlungen versucht in einer Gliederung von 6 Sektionen der Wahrheit nahe zu kommen. 200 Werke und 26 Künstler mit schonungslosen Bildern sind ebenso vertreten wie Plakate und Illustrationen. Sie dem Klischeehaften von Genuss und Dekadenz, von der schillernden „Belle Epoque“  und den Bettlern und Prostituierten zu entreißen, ist Ziel der Ausstellung.

In der Tat gab es zur damaligen Zeit auch ein räumliches Oben und Unten. Der nördliche Gispshügel  Montmartre war schon früher ein Arbeitervorort, schmutzig und zugemüllt, ein Fluchtort für die Unterschicht, die Armen, die Außenseiter und letztlich auch die Künstler, denn der Wohnraum war bezahlbar und wo sich ein Künstler anzusiedeln beginnt, da folgen ihm schnell andere nach. Während oben auf dem Berg in favelas-ähnlichen Unterkünften noch dörflich-ländliches Leben herrschte und man die Äcker bestellte, da wurde unten schon gefeiert. Varietes und Cabarets mit frivolen Abbildungen des leichten Lebens zeigen den Versuch, den gesellschaftlichen Zwängen zu entfliehen. Montmartre war das Leben auf der Straße, das Nachtleben mit Alkohol und Prostitution. Diese Freiheit und Offenheit lockte das bürgerliche Paris an, das Elend nicht erkennend, das es hinter der Fassade von Vergnügen, Freizügigkeit, Sinnlichkeit, falschem Glanz und Bohème für die leichten Mädchen, die ihr Gesicht weiß schminkten, um die Geschwüre der Syphilis der verbergen, ums nackte Überleben ging. Dies alles erzählt die Ausstellung und drückt sich in den Bildern mit ihren Extremen aus.

Ein umfangreiches Rahmenprogramm ergänzt die Ausstellung, die noch bis zum 1. Juni in der Schirn zu sehen ist.

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